Bauen trotz Baumschutz
Die Ausdehnung des Baumschutzes auf die ganze Stadt wird die bauliche Entwicklung von St.Gallen nicht behindern oder gar zum Erliegen bringen. Die entsprechende Befürchtung von Gegnerinnen und Gegnern dieses Schrittes sind übertrieben. Auch mit Baumschutz dürfen Bäume gefällt werden: Ein Baum kann auch in Zukunft kein Bauvorhaben im Grundsatz verhindern. Einziger Unterschied zu heute ist: Wer in seinem Garten oder auf seinem Bauland einen Baum hat, dessen Stamm einen Meter über Boden 80 Zentimeter Umfang hat, braucht für eine Fällung eine Bewilligung der Behörden.

Die Birke in St.Fiden wird – Baumschutz hin oder her – verschwinden: Grosse Bäume, die Hauptbauten von Bauvorhaben im Weg stehen, dürfen grundsätzlich gefällt werden, wenn sie nicht zusätzlich einem speziellen Schutz unterstehen. Bild: Markus Tofalo
Die Fällbewilligung für einen grossen Baum wird in ganz vielen Fällen erteilt. Der St.Galler Baumschutz ist nicht absolut, wie im Abstimmungsbüchlein für den 12. März ausdrücklich festgehalten wird. Gefällt werden kann ein Baum beispielsweise immer dann, wenn er im Bereich einer geplanten Hauptbaute steht und nicht besonders geschützt ist. Von der Bewilligungspflicht für die Fällung grosser Bäume ist auch keine Verzögerung der Verfahren zu erwarten: Fällgesuche sind Bestandteil des Baugesuchs. Einsprecherinnen und Einsprecher können kein zusätzliches Rechtsmittel ergreifen, sondern sich höchstens im Rahmen des sowieso nötigen Baubewilligungsverfahrens wehren.
Die privaten Interessen, insbesondere die Eigentumsgarantie, werden nach Meinung von Politik und bisheriger Rechtssprechung durch den Baumschutz nicht übermässig beeinträchtigt. Auf der anderen Seite braucht es angesichts der Strategie der inneren baulichen Verdichtung im öffentlichen Interesse (Stichwort: Erhaltung der Wohn- und Lebensqualität) Leitplanken zugunsten der Stadtnatur. In den vergangenen zwanzig Jahren war zu beobachten, dass gerade grosse Bäume bei der Verwirklichung von Verdichtungsprojekten radikal umgehauen wurden, weil dieses Vorgehen das einfachste für Bauherrschaft und Planer war. Dadurch kam und kommt es auch immer wieder zu Fällungen, die bei vorausschauenderer oder rücksichtsvollerer Planung zu vermeiden gewesen wären. Als Folge nahm der Bestand an grossen Bäumen auf Privatgrundstücken in einigen St.Galler Quartieren in den vergangenen Jahren dramatisch ab.

Der Baumschutz in St.Gallen (orange) ist heute ein Flickenteppich. Auch nach seiner Ausdehnung auf die übrige Stadt (gelb) bleibt das Bauen problemlos möglich, soll aber mehr Rücksicht auf grosse Bäume nehmen.